Planetologie: Saturnmond Enceladus schießt Wasser ins All
Birgt lunarer Ozean unter dem Eispanzer womöglich Leben?
(jv) - Eine überraschende Entdeckung hat die Saturnsonde Cassini gemacht: Die Oberfläche des nur 500 Kilometer großen Saturnmonds "Enceladus" besteht nicht nur zum größten Teil aus Wassereis, sondern dicht unter seinem Eispanzer befinden sich auch große Mengen flüssigen Wassers, das offenbar von aktivem Eisvulkanismus "warm" gehalten wird. In der Nähe des Südpols von Enceladus schießt ein Teil dieses Wassers durch Spalten in gewaltigen Fontänen bis zu 480 Kilometer hoch ins All, wobei es gefriert und sogar einen der Saturnringe mit Eispartikeln versorgt.
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Dieses prächtige Farbfoto des Saturnmonds Enceladus wurde aus mehreren Einzelbildern zusammengesetzt, die von der Raumsonde Cassini bei zwei nahen Vorbeiflügen am 14. Juli 2005 und am 9. März dieses Jahres aufgenommen worden sind. Es zeigt den von einem gewaltigen Eispanzer überzogenen Mond. Während Teile der eisigen Oberfläche aufgrund zahlreicher Einschlagskrater als sehr alt eingestuft werden können, weisen die Furchen und Verwerfungen im linken Bildbereich auf andauernde, geologische Aktivitäten hin, die durch Eisvulkanismus hervorgerufen werden.
Das Wasser der wie bei irdische Geysiren unter großem Druck hervorschießenden Fontänen gefriert beim Kontakt mit dem Beinahe-Vakuum, das den atmosphärelosen Mond umgibt, sofort zu feinen Eiskristallen. Die Eruptivkraft eines solchen Ausbruchs wird durch die teilweise Sublimation des Wassers zu Wasserdampfgas noch verstärkt. Ein anderer Teil des Wassers fällt in Form eines feinen Sprühnebels in der Umgebung der Eruptionsspalten auf den Mond zurück und trägt dadurch zur permanenten Erneuerung seiner Oberfläche bei.
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Das Prinzip der Enceladus-Eisvulkane: Die durch starke Gezeitenkräfte hervorgerufene Erwämung tieferer Schichten des Mondes setzt eine hydrothermale Zirkulation in Gang, die dafür sorgt, dass das Wasser eine Temperatur von 0 Grad Celsius nicht unterschreiten kann und somit flüssig bleibt. Die ausgelöste Konvektion wirkt auch auf die Eisdecke an der Oberfläche ein und verursacht Spannungen und Risse im Eis. Durch diese Risse schießen Wasserdampfgas und Eiskristalle mit elementarer Wucht hinaus ins All.
Wie die Beobachtungen ergeben haben ist der Eispanzer im Südpolargebiet des Saturnmonds wahrscheinlich nur wenige Meter dick und direkt darunter befindet sich unmittelbar der lunare Ozean. Diese erstaunliche Tatsache könnte nach Auffassung von Wissenschaftlern auch bedeuten, dass sich in dem vor strengem Frost geschützten Wasserreservoir im Lauf der Jahrmilliarden womöglich sogar einfache, lebende Organismen entwickeln konnten. Dies ist umso wahrscheinlicher, weil die Eisdecke dünn genug ist, dass auch Sonnenstrahlen in das Wasserbecken eindringen können. Damit herrschen günstige Voraussetzungen für die Entwicklung einer abgeschlossenen Biosphäre. Enceladus gilt daher unter Planetenforschern nunmehr als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für die Entdeckung außerirdischen Lebens in unserem Sonnensystem.
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Die Nahaufnahme zeigt schön die gewaltigen Eisspalten und Verwerfungen an der Oberfläche des Saturnmonds in der Nähe des Südpols. Der Fund flüssigen Wassers unter einer so dünnen Eisoberfläche ist deshalb so erstaunlich, weil die Temperaturen im Saturnsystem wegen der gewaltigen Entfernung zur Sonne (Saturn und seine Monde sind fast 10 mal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde) extrem niedrig liegen. Das auf einigen anderen Eismonden der Planeten Jupiter und Saturn ebenfalls vermutete, flüssige Wasser dürfte sich dort nach Schätzungen der Forscher unter jeweils kilometerdicken Eispanzern verbergen.
Wie die Auswertung der Bild- und Messdaten der Raumsonde außerdem zeigt, reicht die durch den Eisvulkanismus freigesetzte Wärme aus, um die Oberflächentemperaturen im Bereich der aktiven Südpolregion des Saturntrabanten auf vergleichsweise milde minus 120 Grad aufzuwärmen. Ohne diese mondeigene Wärmequelle würden sich die Temperaturen auf dem Himmelskörper ebenso wie auch auf den anderen atmosphärelosen Monden des Saturnsystems je nach Sonneneinstrahlung nur zwischen minus 150 und unter minus 200 Grad Celsius bewegen.
Samstag, 11.03.06, 14:45 Uhr