Weiße Nächte, Sommervollmond, vier helle Planeten
Reiner Boulnois
Volkssternwarte Marburg e.V.
Mit dem Monat Juni beginnt das meteorologische Sommerquartal, in dem innerhalb der ersten Hälfte die Sonne als Beobachtungsobjekt mehr als 16 Stunden über dem Horizont steht. Die Sommersonnenwende im Sternbild Stier wird am 21. Juni um 12.07 Uhr MESZ erreicht, womit die Sonne ihre nördlichste Stellung über dem Äquator einnimmt. Damit beginnt auch astronomisch der Sommer. Während des ganzen Monats können wir die Zeit der "Weißen Nächte" erleben, was einerseits beim Blick nach Norden um Mitternacht romantische Gefühle wecken kann, die Beobachtung von lichtschwächeren Himmelsobjekten allerdings einschränkt. Über dem noch schwach aufgehellten nördlichen Horizont lassen sich manchmal die so genannten "Leuchtenden Nachtwolken", auffällig golden bis blauweiß strahlende, sehr dünne Wolkenschleier beobachten. Diese entstehen durch die Reflexion von Sonnenlicht an Eiskristallen in der Stratosphäre in ca. 80 km Höhe, haben also auf unser Wetter naturgemäß keinen direkten Einfluss.
Gleich zu Monatsbeginn steht der noch fast volle Mond nördlich vom Ringplaneten Saturn, zwei Tage später beim erheblich helleren Roten Planeten Mars. Am 16. Juni findet man die dann schmale zunehmende Mondsichel nahe bei der strahlenden Venus. Nach seinem ersten Viertel steht der Mond am 23. Juni wieder einmal in der Abenddämmerung nördlich beim Riesenplaneten Jupiter. In der Nacht vom 27. zum 28. Juni geht der Erdtrabant in der kürzesten Vollmondnacht in diesem Jahr, bedingt durch die tiefste Stellung über dem Südhorizont, noch einmal am Ringplaneten Saturn vorbei.
Merkur bleibt für das bloße Auge unsichtbar, bestenfalls ist im letzten Monatsdrittel der sonnennahe Planet ein Fernglasobjekt dicht über dem Nordwesthorizont. Dagegen ist der Planet Venus in diesem Monat weiterhin am Abendhimmel bis kurz vor Mitternacht das auffälligste Objekt. Im Teleskop ist im Monatsverlauf zu beobachten, dass der Anteil der vom Sonnenlicht bestrahlten Planetenscheibe, die selbst wegen des abnehmenden Abstands zwischen Erde und Venus größer wird, von 90 auf 75 Prozent abnimmt. Der "Abendstern" geht im ersten Monatsdrittel an den Zwillingshauptsternen Castor und Pollux südlich vorbei. Mars geht weiterhin erst nach Mitternacht über dem Südosthimmel auf, wird allerdings zunehmend heller. Der Riesenplanet Jupiter mit seinen vier hellen Monden und den dunklen Bändern und hellen Zonen in der schnell rotierenden Atmosphäre steht jetzt bei ausreichender Dämmerung schon in Höchststellung in Richtung Süden und kann gut beobachtet werden.
Saturn und Vollmond im Juni
In diesem Monat ist der Ringplanet Saturn ein wunderschönes Beobachtungsobjekt, da er am 27. Juni in Opposition zur Sonne steht und die ganze, allerdings kurze Nacht zu sehen ist. Er steht in etwa 1,35 Milliarden km Entfernung und ist wegen der noch weit geöffneten Ringe recht hell, aber wegen seiner Position im sonnenfernsten Bereich seiner fast 30jährigen Umlaufszeit nicht in seiner maximal möglichen Helligkeit. In der Zusatzgrafik ist einmal seine Position mit dem Vollmond und zum anderen die von der Erde aus sichtbaren unterschiedlichen Öffnungswinkel der Ringe im Verlaufe eines ganzen Saturnjahres dargestellt. Deshalb kann man in Teleskopen jetzt besonders gut das eindrucksvolle Ringsystem mit der auffälligen dunklen Cassinischen Teilung bestaunen sowie den Umlauf der fünf helleren Saturnmonde verfolgen. Hoffentlich gibt es gute Beobachtungsbedingungen für den Ringplaneten Saturn dicht über dem Südhorizont, denn dort sind die störenden Luftturbulenzen besonders ausgeprägt. Am 19. Juni steht der Kleinplanet Vesta nahe Saturn in Erdnähe und kann theoretisch für 3 Wochen gerade noch mit bloßem Auge erspäht werden.
Die Frühlingssternbilder sind nun deutlich nach Westen gerückt, während am Osthimmel das Sommerdreieck mit Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler aufzieht. Tief im Süden macht sich das Sternbild Skorpion mit dem rötlichen Antares bemerkbar, in dessen Umgebung Saturn auffällig hell leuchtet. Die Milchstraße ist erst nach Mitternacht im Südosten beeindruckend, denn man schaut dann in den Sternbildern Adler, Schütze und Skorpion in die dichtesten hellen Sternwolken und die durch Staub gekennzeichneten Dunkelnebel unserer Heimatgalaxie. Im Sternbild Schütze liegt, etwa 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, ein Schwarzes Loch mit rund vier Millionen Sonnenmassen und bildet damit das Zentrum der Milchstraße. Es lohnt, mit einem Fernglas oder einem kleinem Fernrohr diese Bereiche in Ruhe zu bestaunen, die geschmückt sind mit einer Vielzahl beeindruckender Messier- und NGC-Objekte. Dabei sind für deren Beobachtung die Nachtstunden ohne störendes Mondlicht zur günstigsten Beobachtungszeit am besten geeignet. In den Sommernächten mit nicht tief unter dem Horizont stehender Sonne sind Satelliten wie die ISS gut zu sehen.
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